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Basel
UMBAU “MUSIKZIMMER CHAILLOT”
2017-2018




Text: Chris Dietz

Die Doppelhaushälfte in dicht bebauter, zweigeschossiger Nachbarschaft mit einem Mix aus kleinen Reihen- und Mehrfamilienhäuser liegt in einer Strasse mit aneinandergebauten Doppelhausgruppen und gegenüber einiger grösserer Einfamilienanlagen. Allesamt weisen eine sehr grosse Heterogenität in Bezug auf Bauzeit und Stil auf. Darin stellt die Reihe aus kleinen eingeschossigen Arbeiterhäuschen mit ausgebautem Steildach eine städtebauliche und
optische Wohltat dar. Sie stammen etwa aus dem Jahr
1915; die Garagen sind später dazwischen errichtet worden.


Die Aufgabe beinhaltete neben kleineren Arbeiten, wie dem Einbau eines Bades im Keller des Wohnhauses, auch die Umnutzung der zugehörigen Garage. Die Bauherrschaft -beide professionelle Musiker- benötigten ein Musikzimmer; und da die Garage nicht mehr genutzt wurde bot diese sich an, um von Cueni Architekten umgestaltet zu werden.
Der neue Raum sollte sowohl für die Arbeit der beiden Musike als auch für Proben deren Schüler genutzt werden.


Eine einfache Lösung ohne komplizierte Eingriffe ist das Ergebnis. Das Zimmer ist nur von der Gemeindestrasse und dem hauseigenen Garten auf der Rückseite - dazu wurde die Rückwand der komplett herausgenommen - aus zugänglich. Typologisch ähnelt der Satellit so einer Gartenlaube oder einem Wintergarten, die ebenfalls in der Nachbarschaft als kleine Anbauten zu finden sind. Statt die Raumhöhe durch aufwändiges Anheben des Dachs zu vergrössern, wurde der Boden abgesenkt und das umliegende Terrain mit ihm.


So entstehen zwei Zonen - je zur Strasse und zum Garten hin - die den kleinen Raum abschirmen und ihm, trotz grosser Verglasung, eine angenehme Privatheit und Distanz zur Strasse verleihen. Die gefilterte Verbindung zum Garten schafft selbst in dem kleinen Raum eine besondere Atmosphäre.
Die beiden Vorzonen laden zum Verweilen ein und sogar kleinere Konzerte, beispielsweise im Rahmen der Nachbarschaft, lassen sich auf den Stufen wie in einem antiken Theater en miniature erahnen.


Die Absenkung des Terrains respektive die zusätzliche Raumhöhe des Musikzimmers von knapper einem Meter wird zum bestimmenden Charakterzug, indem das Sockelthema sich wortwörtlich durch das ganze Projekt zieht. Die Stufen und flankierenden Seitenwände sind aus grobem, holzbrett-geschaltem Beton, während die matt geschliffene Betonlaibungen
der Fenster und Sturzverkleidungen des Dachrands den erneuerten Anbau aufwerten. Sukzessive/schrittweise werden die Oberflächen feiner und erhöht sich die Wertigkeit der Materialien von Aussen nach Innen. So glimmen die Rahmen der grossen Verglasungen aus dreiteiligen Flügeltüren, die sich auf beiden Seiten über die ganze Länge der Fassade öffnen lassen, in mattem
Aluminium.
Innen besticht der keine Raum ebenfalls mit einfachem aber durchdachtem und konzepttreuem Ausbau. Die Wände wurden von Innen gedämmt und die Heizung hinter einer Sockelverkleidung aus tannengrün gestrichenen, gelochten Mehrschichtplatten, die auch hier den Horizont des umliegenden Terrains aufnehmen und die alte Bodenhöhe nachzeichnen, versteckt. Sie ist von den darüber liegenden Wänden mit einer vertieften
Griffleiste abgesetzt. Diese sind ebenso wie die Decke mit Mehrschichtplatten belegt und weiss lasierten. Entsprechend sind die Fenster von Innen geweisst, deren - wie aufgesetzt wirkender - Rahmen einen Anschlag für den umlaufenden Sockel und sogar die Fussleiste bietet. (Ein achtsames Detail, dass das Autorenherz höher schlagen lässt.)


Wie der Bodenbelag im Fischgrät-Muster besteht sie aus geöltem Eichenholz, das in dem kleinen Musikzimmer Wärme und Wohnzimmeratmosphäre ausstrahlt. Die nötigen Elektroinstallationen und zwei Wandleuchten sind einfach aufputz angebracht, ohne dass sie das Gesamtbild stören.


Unkomplizierte und ehrliche Materialwahl respektive deren Fügungen erscheinen so selbstverständlich, dass sie das kleine Projekt trotz ihrer Vielfältigkeit nicht überladen. Das Konzept des Eingrabens übersetzt sich unaufdringlich in das allgegenwärtig gestaltende Moment des Sockels. So gelingt Cueni Architekten der Eingriff in das kleine städtebauliches Ensemble und die Stadt kann sich glücklicher schätzen für solch einen zurückhaltenden und vorbildhaften Umbau, der gleichzeitig neue Räume - als Hybrid aus halböffentlich genutztem Schaukasten und privater Gartenlaube - schafft und dies doch selbstbewusst ohne grossen Geltungsdrang umzusetzen vermag.