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WEIMAR
WETTBEWERB “STUDENTENWOHNHEIM”
2017



Präambel

Der Beitrag legt einen hohen Wert darauf, den geforderten Ansprüchen an Flexibilität und Lebenszyklus gerecht zu werden. Dabei wird versucht die Vorgaben des Bebauungsplans zu berücksichtigen sowie den Anforderungen des Studentenwerks und des Vario Wohnens Rechnung zu tragen.

Das heisst, dass wenige strategische Entscheidungen zu einem übergeordneten Planungskonzept führten, welches den vorliegenden Beitrag durch den gesamten Entwurfskonzept begleiteten und ihn über inhaltliche Fragen der Organisation, Struktur, Typologie als auch dem architektonischen Ausdruck, Konstruktion und Bauablauf geformt haben.



Architektur & Technik

Der Anspruch an einen hohen Präfabrikationsgrad sowie die Setzung des Baukörpers als prägnanten Schlussstein am Ende der bestehenden Ortbetonwand haben den Neubau für das Studentenwohnheim in seiner inneren Struktur als auch in seiner äusseren Gestalt massgebend geprägt. Dieser Sockel orientiert sich in seiner Höhe an der bestehenden Betonmauer, welche die Geländekante zeichnet. Durch diese Massnahme wird die bestehende Betonwand und das neue Gebäudevolumen zusammengebunden und die städtebauliche Setzung klar nachgezeichnet.

Bis auf den aussteifenden Ortbetonkern werden alle Bauteile der Obergeschosse ganzheitlich vorfabriziert. Deren Fügung zeichnet sich dabei nach Aussen hin ab.

Der stützende Sockel stemmt sich als monolithischer Block in Ortbetonbauweise gegen die Hangkante und trägt die Obergeschosse. Die Schnittstelle der beiden Strukturen zeichnet sich in direktem Bezug zur bestehenden Stützmauer an deren Oberkante ab. Dem Grundprinzip, „harte Schale – weicher Kern“ folgend, wird die äussere Fassadenschale aus Sichtbeton erstellt, die innere Fassadenschale sowie alle weiteren Teile des Innenausbaus massgebend aus Holz gefertigt.

Strukturell wird das Gebäude durch die kleinst mögliche Einheit gegliedert. Bei einem Stützraster von 3,3m, können diese Einheiten bei Bedarf zu 2-Zimmerwohnungen oder 4-Zimmerwohnungen mit zusätzlichem Aufenthaltsraum zusammengefasst werden.

Das Leben im neuen Studentenwohnheims findet im Wechselspiel von Privatheit und Gemeinschaft statt. So werden durch die Minimierung der privaten Wohnflächen grossflächige Gemeinschaftsräume möglich. Diese erstrecken sich teilweise über zwei Geschosse und schaffen so eine visuelle und faktisch vertikale Verbindung der Wohngeschosse untereinander. Französische Fenster in den Wohneinheiten ermöglichen helle Zimmer sowie einen maximalen Bezug zum Aussenraum. Durch die Vermeidung von Vor- bzw. Rücksprüngen entsteht ein optimales A/V – Verhältnis des Volumens als auch ein präzis gesetzter Baukörper, der seine innere Nutzung durch subtile Differenzierung in der Fassade nach Aussen trägt. Die Fassade wird filigran gegliedert und eine charakteristische Nähe zum historischen Universitätsgebäude in direkter Nachbarschaft erzeugt.


Nutzungsverteilung

Das Gebäude ist in seiner grundlegenden Konzeption in zwei Nutzungsbereiche gegliedert. Das Erd- & das Untergeschoss beherbergen grossflächige Räumlichkeiten die eine - zum Teil - öffentliche Nutzung beinhalten. Im Erdgeschoss bildet ein grossflächiges Foyer den Anlaufpunkt zu sämtlichen Räumlichkeiten des Hauses. Über den grossen Eingangsbereich wird ein Musiksaal, ein Waschsalon, die Sanitärräume sowie der Treppenkern erschlossen. Das Foyer dient der Adressbildung des Hauses sowie als zwischenzeitliche Veranstaltungsfläche bei Anlässen mit grösserem Publikumsaufkommen. Das Untergeschoss organisiert die Haustechnik, die Entfluchtung des ganzen Kubus und einen Fahrradkeller als zusätzliches Angebot für die Bewohner. In den fünf Obergeschossen werden hauptsächlich die Wohneinheiten für die Studenten angeboten. Dabei sind diese Einheiten so gedacht, dass sie als einzelne Einheit, als Zweiergruppe oder als grosse Vier-Zimmer Wohnung mit eigener Küche organisiert werden können. Diese Einheiten werden im dritten Obergeschoss durch zwei Aufenthaltsräume mit Grossküchen ergänzt. Dieses Angebot soll die Wohnzimmer für die Einzel- & Zweierkabinen darstellen und die Wohnqualität für die Bewohner steigern.



Konstruktion & Umsetzung

Der Sockel des Untergeschosses bildet eine Schale auf der, die Fassadenelement abgestellt werden. Der Treppenkern der die Liftanlagen, Haustechnikschächte und die Fluchttreppen beinhaltet, wird als Ortbetonkern ausgeführt um den Gebäudekubus auszusteifen.

Im Inneren der Schale, wird die Tragstruktur des Gebäudes und die Raumeinteilung über vorfabrizierte Betonelemente ermöglicht. Dabei sollen sämtliche Bauteile bis Decke über EG im Werk vorfabriziert und vor Ort noch montiert / abgedichtet werden können. Dabei kann die Decke über EG als Abfangdecke aktiviert und die Lasten als auch die Medien in die umliegenden Wände umgeleitet werden.

Die Wohngeschosse bestehen vollumfänglich aus Holzelementen. Dabei werden die tragenden Bauteile wie Decken und Zimmerwände im Werk erstellt und vor Ort verbaut. Die geringen Spannweiten der einzelnen Schotten führen zu einer effizienten, materialsparenden Konstruktion aufgrund der geringen Aufbauhöhen. Um die Erstellungszeit so kurz wie möglich zu halten, werden die Obergeschosse komplett in Trockenbauweise konzipiert. Da der Anteil von Feuchtigkeit im Bau von Beginn an auf ein Minimum reduziert wird, können mögliche Gefahrenpotenziale durch Bauschäden und eine lange Austrocknungszeit verhindert werden und eine schnelle, kostensparende Ausführung kann ermöglicht werden.

Die Fassadenelemente unterliegen dem selben konstruktiven Grundsatz. Die Aussenhülle soll dabei eine langlebige, robuste Aussenhaut bilden währenddessen die Innenseite der Elemente die thermische Hülle des Gebäudes bewerkstelligt. Die Fassadenelemente tragen dabei nicht nur sich selbst, sondern dienen als Auflager für die Holzdeckenelemente die auf der inneren, ausgedämmten Holzrahmenebene abgelegt werden. Damit die äussere Betonschale nicht vorgehängt werden muss, wird diese auf den Ortbetonsockel im Untergeschoss abgestellt. Die Innenseite des Ortbetonsockels wird gemäss der darüber abgestellten Elementen ausisoliert.



Methodik

Diese Art der Umsetzung erfordert eine grundlegende Stringenz in Struktur und Konzeption. Durch die Ausgangslage der genormten Elemente können die Wohneinheiten bis in ihr Inneres, der selben Systematik unterworfen werden. Die Sanitärzellen werden als eigenständige Bauteile im Werk erstellt, an Ort platziert und an die Medien angeschlossen. Das heisst das sämtliche Oberflächen und alle Teile der Ausstattung bereits in der Kabine vorhanden sind, wenn diese verbaut würde.

Die Möblierung der Zimmer kann durch die Normierung im Vorfeld geplant und produziert werden. Durch diese Massnahme werden alle Wohnräume gleichwertig ausgebildet und in Planung sowie Ausführung ökonomischer realisierbar.



Umnutzung, Flexibilität & Nachhaltigkeit

Mit dieser Ausgangssituation entsteht das Potenzial, dass der Nutzungsschlüssel mit einem geringen Aufwand und nach Bedarf der Betreiber angepasst bzw. verändert werden kann. Diese starke Struktur, zugeschnitten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, ermöglicht in der Summe eine vielfältige und nutzungsspezifische Variabilität die den Ansprüchen des Studentenwerks und dem Lebenszyklus des Hauses gerecht werden kann. Diese flexible Grundstruktur trägt den Anforderungen und den Mindestmassen des Vario Wohnens Rechnung und erfüllt deren Ansprüche in vollem Umfang.

Mit der Wahl, die Ausführung über die Präfabrikation zu organisieren sowie dem Anspruch an die daraus resultierenden Materialisierung, kann das Potenzial einer stark regional bezogenen Produktion ausgeschöpft und die Bilanz der Aufwände in ökologischer und ökonomischer Sicht positiv gestaltet werden. Durch diese Nähe zur Region erhoffen wir uns eine signifikante Senkung des Grauenergieanteils in der Bilanz des Gebäudes.